Ulrich Rust, Geschäftsführer Technik und Logistik, und Marcus Schumacher, Komm. Leiter Produktivitäts- & Supply Chain Management bei Gerolsteiner. (Bilder: Gerolsteiner)

Ulrich Rust, Geschäftsführer Technik und Logistik, und Marcus Schumacher, Komm. Leiter Produktivitäts- & Supply Chain Management bei Gerolsteiner. (Bilder: Gerolsteiner)

Gerolsteiner fordert bessere Infrastruktur für nachhaltige Logistik

Wenn das bundespolitische Ziel der Klimaneutralität bis 2045 erreicht werden soll, müssen künftig vor allem im Verkehrssektor größere Fortschritte erzielt werden. Gerolsteiner mit Sitz in der Vulkaneifel sieht in der Anbindung des ländlichen Raums und insbesondere im Ausbau des Schienengüterverkehrs und alternativer Antriebe eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung. Zugleich fordert das Unternehmen von der Politik mehr Aufmerksamkeit für den ländlichen Raum als wichtigem Wirtschaftsfaktor und eine parteiübergreifende, ganzheitliche Strategie bei der Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur. Mit diesen Themen befasste sich ein Mediengespräch zu dem Gerolsteiner ausgewählte Medienvertreter geladen hatte.

Unternehmen aus dem ländlichen Raum können eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der Klimaziele spiele, heißt es von Gerolsteiner. Klimarelevante Emissionen am Standort (Scope 1 und 2) hat Gerolsteiner bereits deutlich reduziert: In diesem Bereich werde man das 1,5 Grad-Ziel aller Voraussicht nach sogar vorzeitig erreichen. Eine große Herausforderung bleibt jedoch die Dekarbonisierung entlang der Lieferkette. 35 Prozent der bei Gerolsteiner entstehenden Emissionen stammen aus dem Transportbereich. „Wir haben in Scope 3 nur begrenzt Einfluss auf die Emissionsreduzierung. Wir sind hier stark auf die Initiativen unserer Partner und passende Rahmenbedingungen angewiesen“, so Ulrich Rust, Geschäftsführer Technik und Logistik.

Als Bremsklotz für die Dekarbonisierung im Verkehrssektor sieht Gerolsteiner die mangelnde Infrastruktur. In der Vulkaneifel wie in anderen ländlichen Regionen sind Anbindungen an das Schienennetz für Personen- und Güterverkehr sowie eine Infrastruktur für alternative Lkw-Antriebe und Kraftstoffe kaum vorhanden. Zudem fehlt eine umfassende Ladeinfrastruktur. Weitere Herausforderungen sind laut Gerolsteiner die fehlende Verlässlichkeit im Schienengüterverkehr und die Kosten für den fossilfreien Transport. So hat Gerolsteiner vor einigen Jahren gemeinsam mit seinen Vertragsspediteuren beschlossen, die Lkw-Flotten teilweise auf nachhaltiges, emissionsarmes Bio-LNG umzurüsten. Während zum Zeitpunkt der Investitionen die Klimafreundlichkeit von Bio-LNG durch die Mautbefreiung honoriert wurde, wird das Unternehmen seit der Einführung der neuen Mauterhebung im Dezember 2023 mit deutlichen Mehrkosten belastet. Auch die Kosten für kombinierte Lkw-Bahn-Transporte liegen über denen für reine Lkw-Transporte.

„Unser Engagement zeigt, trotz dieser Widrigkeiten, Erfolge, die wir weiter ausbauen wollen“, so Marcus Schumacher, Komm. Leiter Produktivitäts- & Supply Chain Management bei Gerolsteiner. „Um kurzfristig eine Reduktion in Scope 3 zu erzielen, setzen wir vermehrt auf die Nutzung alternativer Antriebe.” Etwa 30 Prozent der Speditions-Lkw fahren mit (Bio)-LNG. Zudem nutzt Gerolsteiner inzwischen HVO 100 statt Diesel für die eigenen Lkw. Die Gerolsteiner Staplerflotte und der Pkw-Fuhrpark wurden zum Großteil elektrifiziert. Der Effizienzsteigerung dienen, wie Schumacher erläutert, Fahrerschulungen und aerodynamische Anpassungen an den Lkw, großvolumige Tiefbettsattel und der Einsatz von Jumbo-Gliederzügen für Doppelstock-Leergut-Fahrten. Für die Reduktion von Leergutfahrten wurde ein sechsstelliger Betrag investiert.

Der Schienengüterverkehr ist für Gerolsteiner ein entscheidender Hebel, um den Straßenverkehr zu reduzieren und Emissionen deutlich zu mindern. Gerolsteiner engagiert sich schon seit mehreren Jahrzehnten für den Wechsel auf die Schiene. Aktuell wird der Kombinierte Verkehr auf der Strecke Köln-Hamburg praktiziert. Langfristiges Ziel ist, die Nutzung der Schiene auszubauen. „Um das enorme Dekarbonisierungspotential des Schienengüterverkehrs im ländlichen Raum zu erschließen, müssen die Nebenstrecken bewusst gestärkt werden. Aus unserer Sicht muss der Schienengüterverkehr näher an die Produktion rücken, um im ländlichen Raum eine realistische Alternative zur Straße zu bieten“, führt Ulrich Rust aus. Aus diesem Grund setzt sich Gerolsteiner mit dem vom Unternehmen initiierten „Bündnis zum Ausbau der Eifelstrecke“ für den zweigleisigen Ausbau und somit der Ertüchtigung für den Güterverkehr der Strecke zwischen Köln und Trier ein. Die Eifelstrecke hat strategisch eine gute Lage für Gerolsteiner, sowohl für pendelnde Mitarbeiter als auch für den Güterverkehr. „Unsere Vision ist, die Produkte per Pendelverkehr mit E-Lkw zum Verladeterminal zu transportieren, sie dann auf der Schiene in die Metropolen und unser Kerngebiet zu bringen und anschließend die sogenannte letzte Meile erneut per E-Lkw zu fahren. Was für andere Unternehmen und Regionen bereits gelebter Alltag ist, ist für uns eine Ambition, für die wir bessere Rahmenbedingungen benötigen,“ berichtet Rust.

Der Stellenwert des ländlichen Raums als wichtiger Wirtschaftsstandort und -faktor sowie die Bedarfe der ländlichen Wirtschaft werde in der politischen Debatte bislang zu wenig betrachtet. Es gibt keine politische Programmatik, die den ländlichen Raum als Lebens- und Wirtschaftsstandort adressiert. Dabei stammen fast 50 Prozent der deutschen Wirtschaftskraft aus dem ländlichen Raum und rund 50 Prozent der Bevölkerung leben dort. „Wir glauben an den Standort und sein Potential. Eine eigene ministerielle Zuständigkeit für den ländlichen Raum in seiner Gesamtheit würde sicherstellen, dass der Motor der deutschen Wirtschaft zukunftsfähig bleibt“, so Rust.

Die Politik sieht er in der Verantwortung, eine klare, koordinierte Strategie zu entwickeln, die Straße und Schiene, Personen und Güterverkehr, ländliche und städtische Räume konsequent zusammendenkt. Dazu gehöre ein verbindlicher Fahrplan mit aufeinander abgestimmten Maßnahmen und definierten Meilensteinen, um die Emissionsminderungslücke zu schließen und die Klimaziele bis 2045 zu erreichen.

Die Herausforderung „Klimaschutz in der Logistik“ kann aus Gerolsteiner Sicht nur gesamtpolitisch und Hand in Hand mit der Wirtschaft gemeistert werden. „Klimaschutz kostet Geld und wir sind entschlossen, dieses aufzubringen, aber die Voraussetzung dafür ist ein verlässlicher, zukunftsfähiger Ordnungsrahmen“, so Rusts Fazit.

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